Das Sozialgericht Münster hat am 5. Juni 2023 in einem Urteil (Az. S 14 R 164/23) entschieden, dass die Klage einer Rentnerin gegen die Höhe ihrer festgestellten Rentenleistung abgewiesen wird. Die Klägerin hatte moniert, dass bei der Berechnung des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung das Einkommen ihres Ehegatten nicht berücksichtigt werden dürfe. Die Klägerin bezog die Altersrente für langjährig Versicherte von der Deutschen Rentenversicherung Bund, die ihr ab dem 1. Januar 2023 einen Grundrentenzuschlag verweigerte.
Die Beklagte hatte argumentiert, dass gemäß §97a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) das Einkommen des Berechtigten und seines Ehegatten auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung angerechnet werden müsse. Diese Anrechnung sei verfassungsgemäß und diene der Zielgenauigkeit der Grundrente. Die Beklagte hatte das Einkommen der Klägerin und ihres Ehegatten, das durch den automatisch übermittelten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 ermittelt wurde, berücksichtigt und den Grundrentenzuschlag dementsprechend verweigert.
Die Klägerin war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und legte Widerspruch ein. Sie argumentierte, dass die Anrechnung des Einkommens ihres Ehegatten verfassungswidrig sei und gegen Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) verstoße. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten wies den Widerspruch jedoch als unbegründet zurück und verwies auf die geltende Gesetzeslage.
Daraufhin erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Münster und forderte die Auszahlung des Grundrentenzuschlags. Sie beantragte außerdem, das Verfahren ruhen zu lassen, bis über die Rechtsfrage in einem Musterverfahren abschließend entschieden sei. Das Gericht wies darauf hin, dass die Klägerin aufgrund richterlicher Verfügung ordnungsgemäß über den Termin benachrichtigt worden sei und das Verfahren daher fortgeführt werden könne. Die Klage sei zwar zulässig, jedoch unbegründet.
Das Gericht entschied, dass die Anrechnung des Einkommens des Ehegatten auf den Grundrentenzuschlag verfassungsgemäß sei und dem Zweck der Grundrente diene. Ziel sei es, die verbesserten Rentenleistungen gezielt denjenigen zukommen zu lassen, für die sie bestimmt seien. Das Gesetz sehe vor, dass Einkommen, das bestimmte Freibeträge übersteige, auf den Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung angerechnet werde. Die Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten trage dem durch die Ehe ausgedrückten Willen, dauerhaft eine Wirtschaftseinheit zu bilden und sich gegenseitig zu unterhalten, angemessen Rechnung.
Das Gericht wies auch darauf hin, dass die Grundrente als steuerfinanzierte und einkommensabhängige Sozialhilfeleistung betrachtet werden könne. Es sei daher gerechtfertigt, das Einkommen des Ehegatten bei der Berechnung des Grundrentenzuschlags zu berücksichtigen. Die Anrechnung von Einkommen anderer Lebenspartner, wie etwa bei eheähnlichen Gemeinschaften, sei nicht vergleichbar, da diese nicht den gleichen Willen zur dauerhaften Wirtschaftseinheit wie Eheleute ausdrücken würden.
Insgesamt sah das Gericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anrechnung des Einkommens des Ehegatten auf den Grundrentenzuschlag und wies daher die Klage ab.