Das Verwaltungsgericht Kassel hat am 18.07.2023 unter dem Aktenzeichen 7 K 2477/20.KS ein Urteil zur Gebührenerhebung für das Einleiten von Niederschlagswasser in einen natürlich fließenden Bach gefällt. In dem Urteil wurden mehrere Punkte entschieden. Zum einen wurde festgestellt, dass die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO als gesetzliche Frist nicht verlängerbar oder hemmbar ist. Des Weiteren wurde klargestellt, dass die bloße Verrohrung eines Baches nicht zwangsläufig zur Annahme einer Abwasseranlage führt. Für die Erhebung von Gebühren für die Einleitung von Niederschlagswasser in einen Bach ist es erforderlich, dass der Bach entweder vollständig vom natürlichen Wasserkreislauf losgelöst wird oder technisch in die gemeindliche Anlage integriert wird.
Konkret handelt der Fall von einem Landwirt, der Niederschlagswasser in einen an sein Grundstück angrenzenden Bach leitet. Der Bach verläuft teilweise verrohrt und fließt dann offen bzw. unterirdisch durch den Ort E. und mündet schließlich in die I.. Die Beklagte ist im Besitz einer wasserrechtlichen Erlaubnis zur Einleitung von Niederschlagswasser in den H. und führt seit 2011 Niederschlagswassergebühren ein. Der Kläger hat gegen die Gebührenbescheide Widerspruch eingelegt und klagt nun auf deren Aufhebung.
Das Gericht kam zu dem Urteil, dass der Nebenbach vom F. keine Abwasseranlage im Sinne der Entwässerungssatzung der Beklagten ist. Weder die Verrohrung des Baches noch die Tatsache, dass das Niederschlagswasser in den H. eingeleitet wird, führen dazu, dass der Bach zu einer Abwasseranlage wird. Nach der Rechtsprechung des Hess. VGH wird ein Gewässer nur dann Teil der öffentlichen Abwasseranlage, wenn es entweder baulich so verändert wird, dass es seine Gewässereigenschaft verliert, oder wenn es technisch in die gemeindliche Anlage integriert wird, z.B. durch Einleitung in einen gemeindlichen Hauptsammler oder Klärwerk. Weder das eine noch das andere ist hier der Fall. Der Bach behält seine Gewässereigenschaft und wird nicht in die gemeindliche Abwasseranlage integriert. Das bloße Einleiten von Wasser in den Bach reicht nicht aus, um von einer Abwasseranlage zu sprechen.
Das Gericht hob daher den Bescheid der Beklagten in Bezug auf die festgesetzten Gebühren für Niederschlagswasser in Höhe von 7.361,32 EUR auf.
Die Klage des Klägers wurde jedoch in Bezug auf die Bescheide für die Jahre 2014-2020 als unzulässig abgewiesen, da der Kläger das erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt hat und die Bescheide daher bestandskräftig geworden sind.